Obsidian - Mein Gehrin auf der Festplatte
Ein Tool, unzählige Möglichkeiten. Deshalb bin ich von Obsidian begeistert.
Zusammenfassung: Obsidian ist viel mehr als eine bloße Notiz-App – es ist ein System, das sich an individuelle Bedürfnisse anpasst und dabei hilft, Wissen zu einem organischen, vernetzten Ganzen zu formen. Ob als tägliches Log im Büro, als Sammlung von Rezepten oder als „zweites Gehirn“ für Notizen zu Büchern, Kontakten und mehr – die Anwendungsmöglichkeiten sind nahezu grenzenlos. Wer bereit ist, sich auf das Prinzip der internen Verlinkung einzulassen, wird ein mächtiges und flexibles Tool finden, das die Art und Weise, wie wir Wissen speichern und darauf zugreifen, grundlegend verändert. Für mich persönlich hat es die digitale Organisation auf ein neues Level gehoben und ich möchte es nicht mehr missen.
Was ist eigentlich Obsidian?
Obsidian ist ein mächtiges Personal Knowledge Management (PKM)-Tool, das eine klare Philosophie verfolgt: Datensouveränität und vernetztes Denken. Im Gegensatz zu vielen Cloud-basierten Alternativen speichert Obsidian alle Notizen als einfache Markdown-Dateien in einem lokalen Ordner, einem sogenannten "Vault". Das hat zwei große Vorteile:
Obsidian bietet dem Nutzer die völlige Kontrolle über seine Daten.
Die Markdown-Dateien lassen sich leicht in andere Systeme übertragen oder auch mit einem Texteditor lesen.
Das Zettelkasten-Prinzip
Das Herzstück der Anwendung ist das sogenannte "Zettelkasten"-Prinzip. Im deutschen Sprachraum wird dabei immer gerne auf den Soziologen Niklas Luhmann verwiesen, der mit seinem Zettelkasten tatsächlich schon eine Art analogen Vault aufgebaut hat.
Obsidian ermöglicht es, Notizen durch gegenseitige Verknüpfungen miteinander zu verbinden. Mit [[Notizname]] erstellt das Programm zum Beispiel eine Verknüpfung und legt das Dokument nach einem Klick automatisch an, sollte es nicht vorher schon existieren.
Diese Links funktionieren in beide Richtungen, sodass man von jeder Notiz aus sehen kann, welche anderen Notizen auf sie verweisen. Dies fördert die Entdeckung von Zusammenhängen und macht dein Wissen zu einem dynamischen Netzwerk statt einer statischen Ordnerhierarchie.
Dieses Netzwerk lässt sich auch in der "Graph-Ansicht" sehr gelungen visualisieren. Notizen werden als "Knoten" und Verknüpfungen als "Linien" dargestellt. Die Größe der Knoten wächst mit der Anzahl der Verlinkungen. Diese Darstellung ist nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern hilft dir auch, verborgene Cluster und Verbindungen in deinem Wissensschatz zu erkennen.
Was kostet es?
Obsidian ist für private und kommerzielle Zwecke kostenlos, finanziert sich aber über optionale, kostenpflichtige Dienste wie "Obsidian Sync" für die verschlüsselte Synchronisierung über Geräte hinweg und "Obsidian Publish" zum Veröffentlichen von Notizen als Website. Zusätzlich entwickelt sich seit Jahren ein ganzes Universum an Plugins, die die Softwarefunktionen erweitern. Die meisten davon sind ebenfalls kostenlos nutzbar.
Wofür nutze ich Obsidian?
Tatsächlich habe ich ein kostenpflichtiges Sync-Abo bei den Machern abgeschlossen, das es mir ermöglicht, meine Daten zu synchronisieren. Es kursiert zwar der ein oder andere Trick dies über Google Drive oder andere Cloud-Dienste machen zu können, aber ehrlich gesagt hat keiner von denen bei mir funktioniert.
Dabei synchronisiere ich nicht meinen gesamten Vault, sondern lediglich drei Ordner, die ich sowohl privat als auch beruflich nutze. Auf diese Weise halte ich sämtliche privaten Notizen nicht nur von meinem Arbeitsrechner fern, sondern auch aus der Cloud heraus.
Dafür muss man aber natürlich auch mit Ordnern arbeiten, was bei Obsidian eindeutig ein “Kann”, aber kein “Muss” ist. Manche verzichten sogar darauf, weil sie sich von einer vom Start weg eher fix vorgegebenen Struktur eingeengt fühlen und zum Beispiel ganz auf die durch die interne Verlinkung entstehenden Knotenpunkte vertrauen. Ich persönlich nutze lieber das beste aus zwei Welten und nehme es im Zweifel nicht genau welches Dokument ich thematisch in welchen Ordner packe. Gehirnschmalz fließt mehr in die Verknüpfung mit anderen bereits bestehenden Notizen.
Dabei landet eine ganze Menge in diesen Ordnern. Von gelesenen Büchern bis zu Kochrezepten, von SEO-Hacks bis Marketing-Begriffs-Definitionen oder Notizen über Bekannte, Freunde oder Kollegen, mit Sachen, die ich nicht vergessen will. Insofern bin ich hier tatsächlich seit geraumer Zeit dabei das “Second Brain” aufzubauen, von denen viele Obsidian-Fans immer sprechen. Und da Obsidian zum Beispiel auch von Haus aus einen PDF-Reader an Bord hat, landen inzwischen auch immer mehr andere Dateien im Vault. (Auch wenn das Durchsuchen von PDFs zusätzliche Plugins erfordert.)
Aber obwohl Obsidian auch der Ort ist, an den ich Notizen generell ablege, um nicht zwischen verschiedenen Systemen hin und her switchen zu müssen, landet nicht jede Notiz automatisch dort. Rund die Hälfte findet erst einmal den Weg auf Papier oder mein reMarkable, manches davon landet nie in Obsidian, vieles wird aber überarbeitet und meiner Erfahrung nach klappt es auch mit der internen Verlinkung mit dieser Methode besser. Nichts desto trotz gibt es natürlich auch viele Dinge, die sofort in Obsidian landen. Mein tägliches Log im Büro zum Beispiel, in dem ich notiere was am Tag geschafft wurde bzw. auch passiert ist. (Solche Informationen sind in jeder leidigen Diskussion mit der Geschäftsführung pures Gold, sage ich euch. 😀 )
Wofür kann man Obsidian generell nutzen?
Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie man Obsidian nutzen kann, da es sich an die individuellen Bedürfnisse anpassen lässt. Hier sind einige gängige Anwendungsfälle:
Wissensmanagement und Notizen: Dies ist der Kern von Obsidian. Du kannst Notizen zu jedem Thema erstellen und miteinander verknüpfen, um ein persönliches Wissensnetzwerk aufzubauen.
Projektmanagement: Organisiere Aufgaben, Projekte und Ideen. Du kannst Checklisten erstellen, den Fortschritt verfolgen und Notizen zu einzelnen Projektschritten anlegen.
Schreiben und Recherche: Obsidian ist ideal für Autoren, Studenten und Forscher. Sammle Quellen, mache Notizen, strukturiere Argumente und verlinke thematisch verwandte Informationen.
Journaling und tägliche Logs: Führe ein tägliches Tagebuch, tracke deine Stimmung, deine Gewohnheiten oder notiere wichtige Ereignisse des Tages.
Brainstorming und Ideenfindung: Nutze die Graph-Ansicht, um visuelle Verbindungen zwischen Ideen zu erkennen und neue Gedanken zu entwickeln.
Lern- und Spaced Repetition Systeme: Mit den richtigen Plugins kann Obsidian auch als Lernsystem für Karteikarten und Spaced Repetition genutzt werden.
Persönliche CRM (Customer Relationship Management): Halte Notizen über Kontakte, Gespräche und wichtige Informationen zu Personen fest, um Beziehungen zu pflegen.
Content-Erstellung (Blog-Posts, Skripte, etc.): Schreibe und organisiere Entwürfe für Blog-Posts, YouTube-Skripte oder andere Inhalte.
Reiseplanung: Sammle Informationen zu Reisezielen, erstelle Packlisten, Notizen zu Sehenswürdigkeiten und organisiere deine Reiseroute.
Rezeptsammlung: Speichere und organisiere Kochrezepte, inklusive Zutatenlisten und Zubereitungsanweisungen.
Code-Schnipsel-Sammlung: Entwickler können Obsidian nutzen, um nützliche Code-Schnipsel zu speichern und schnell wiederzufinden.
Ziele verfolgen und Gewohnheiten managen: Erstelle Listen für deine Ziele und tracke den Fortschritt, oder nutze es, um deine Gewohnheiten zu überwachen.
Ein paar dieser Dinge mache ich. Das Loggen von Tätigkeiten, wie oben erwähnt, das Sammeln von Code-Schnippseln, die sonst in unzähligen TXT-Dateien und unzähligen Ordnern versickern würden, aber auch das Sammeln von Rezepten. Manche führen mit Obsidian auch ihr Tagebuch. Ich muss zugeben, da bin ich altmodisch, ich habe dafür noch ein echtes Buch und erst kürzlich einen ausgezeichneten Füllfederhalter der jungen Marke Ellington erstanden (keine bezahlte Werbung, ich bin von dem Füller echt überzeugt).
Fazit
Ich bin nun seit etwas über einem Jahr mit Obsidian unterwegs. Nutze es auf einem Windows-Rechner und als Linux-Anwendung auf meinem Chromebook. Und ich möchte das Programm nicht mehr missen. Manchmal ist es zwar schon ein wenig aufwändig seltener verwendete Formatierungen von Texten schnell zu googeln, aber in der Regel wird das Standard MarkUp verwendet. Und obwohl ich ein eher haptisch veranlagter Mensch bin und entsprechend oft einen Stift - und sei es ein Eingabestift fürs reMarkable-Tablett - in der Hand habe, wachsen die Anwendungsfälle für Obsidian immer noch stetig.