KI-Machtspiele: Was steckt wirklich hinter OpenAI?
Zusammenfassung: Karen Haos „Empire of AI“ ist weit mehr als eine Chronik der Künstlichen Intelligenz; es ist eine packende Analyse, die uns zwingt, die scheinbar unaufhaltsame Entwicklung der KI kritisch zu hinterfragen. Der Text beleuchtet meisterhaft, wie OpenAI, einst mit idealistischen Open-Source-Prinzipien gestartet, durch den Einfluss von Kapital und Tech-Giganten wie Microsoft einen fundamentalen Wandel vollzog.
Ohne Sam Altman und OpenAI wäre der aktuelle Siegeszug von Künstlicher Intelligenz (KI) wohl kaum denkbar. Anders als der Sieg von Deep Mind’s (Google) AlphaGo seinerzeit im Go-Spiel gegen Lee Sedol, erschuf Altmans OpenAI mit ChatGPT eine Anwendung, die im Grunde jeder nutzen kann. Doch was verbirgt sich hinter OpenAI? Wer ist Sam Altman? Warum steht das Open eigentlich für Open-Source? War OpenAI nicht mal als Non-Profit geplant? Und was hatte gleich Elon Musk damit zu tun?
In ihrem Buch Empire of AI beantwortet Tech-Journalistin Karen Hao diese und andere Fragen rund um OpenAI und das Thema KI. Dabei zeigt sie nicht nur die Hintergründe auf, welches Potential KI wirklich hat, sondern auch die Dilemmata, die der ganzen Entwicklung zugrunde liegt. Und sie geht der Frage nach, ob auf die heutige KI irgendwann die Generelle Künstliche Intelligenz folgen wird – als eine allwissende KI, von der mancher glaubt, sie hätte das Potential von Skynet aus der Terminator-Filmreihe.
Dabei ist Empire of AI weit mehr als nur eine technische Abhandlung; es ist eine fesselnde Erzählung, die den Leser auf eine Reis durch die verschlungenen Pfade der globalen KI-Landschaft mitnimmt. Haos Stärke liegt in ihrer Fähigkeit, die oft undurchsichtige Welt der Algorithmen und Daten in greifbare Geschichten von Menschen, Unternehmen und Regierungen zu übersetzen, die die Grenzen der KI verschieben. Für die Fähigkeit komplexe Themen zugänglich und präzise darzustellen, indem sie die Menschen dahinter schildert, wurde sie bereits mehrfach mit Journalistenpreise ausgezeichnet.
The history of AI shows us that AI development has always been shaped by a powerful elite.
Einer der beeindruckenden Aspekte des Buches ist, wie Hao die Machtdynamiken aufdeckt, die das „KI-Imperium“ prägen. Sie beleuchtet, wie einige wenige Technologiegiganten nicht nur technologische Innovationen vorantreiben, sondern auch die Regeln und Normen für die gesamte Branche definieren. Dies ist keine oberflächliche Kritik, sondern eine tiefgehende Analyse, die die komplexen Wechselwirkungen zwischen Technologie, Wirtschaft und Politik offenbart.
Und gerade die Geschichte von OpenAI bietet hier einen interessanten Einblick in die Machtdynamiken des Silicon Valley. Gestartet als ein Projekt von Sam Altman und Elon Musk, das KI als Non Profit-Unternehmen dem Wohle aller zu gute kommen lassen wollte, wandelte man sich – ironischerweise – spätestens seit dem Ausstieg Elon Musks zum Kapitalismus getriebenen Projekt, das sein Überleben und seinen Durchbruch den Milliarden des Tech-Giganten Microsoft verdankt. Deutlich wird dies gleich zum Einstieg, in dem Karen Hao die kurzzeitige Entlassung Sam Altmans als CEO von OpenAI schildert. Von Außen wirkten die Geschehnisse eher wie eine Posse, in Haos Schilderung wird deutlich, dass es sich dabei um ein letztes Aufflackern handelte, OpenAIs Wurzeln gegenüber dem Mamon zu verteidigen.
The ouster an reinstatement of Altman in November 2023 was final proof that the governance experiment had failed.
Des Weiteren zeichnet sich Empire of AI durch seine ausführliche Perspektive aus. Hao scheut sich nicht, die dunklen Seiten der KI zu thematisieren – von den potenziellen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Privatsphäre bis hin zu den ethischen Fragen rund um Bias in Algorithmen und den Einsatz von KI in Überwachungssystemen. Gleichzeitig verliert sie jedoch nie den Blick für das eben auch vorhandene Potenzial der KI, positive Veränderungen in der Welt herbeizuführen. Sie präsentiert keine einfachen Antworten, sondern regt zum Nachdenken und zur kritischen Auseinandersetzung an. Auch bei der KI heißt es am Ende, sie kann viel verbessern, aber nichts kommt ohne einen Preis.
Haos Schreibstil ist klar und fesselnd, weshalb es sich auch in Englisch gut lesen lässt. (Eine deutsche Ausgabe ist noch nicht auf dem Markt.) Sie hat die seltene Gabe, komplexe Ideen verständlich zu machen, ohne sie zu vereinfachen. Das Buch ist reich an gut recherchierten Hintergründen, die die theoretischen Konzepte lebendig werden lassen. Man merkt, dass Hao nicht nur eine versierte Journalistin, sondern auch eine tiefe Kennerin der Materie ist.
Karen Hao hat ein Buch geschrieben, das sowohl informativ als auch zum Nachdenken anregt.
Es ist eine Auseinandersetzung mit den Herausforderungen, aber auch eine Anerkennung der Möglichkeiten. In einer Zeit, in der die KI unser Schicksal mitgestaltet, bietet Haos Empire of AI einen hilfreichen Kompass, um uns durch dieses neue Territorium zu navigieren.
„Empire of AI“ von Karen Hao – Penguin Press 2025